Achtsamkeit im Business: Nützlich oder nur für Spirituelle?
Achtsamkeit ist in den letzten Jahren zu einem weit verbreiteten Begriff geworden. Doch was ist das eigentlich und was bringt sie uns im Business?
Achtsamkeit heißt, im Hier und Jetzt zu sein – nicht nur körperlich, sondern mit seinen Gedanken. Und an Gedanken mangelt es uns nicht: Im Durchschnitt rauschen 60-80.000 Gedanken am Tag und ca. 11 Mio. Sinneseindrücke pro Sekunde (!) durch unser Gehirn. Bei dieser Menge kann es schon mal vorkommen, dass man sich kurzzeitig im Gedankenkarussell verliert.
Übrigens: 95-97% der Gedanken sind unbewusst und was mich viel mehr erschreckt: 85% unser Gedanken sind negativ oder destruktiv!
Das bedeutet nicht nur, dass unser Handeln fast ausschließlich unbewusst gesteuert wird, sondern auch, dass wir größtenteils negativ denken.
Im Umgang mit anderen Menschen ist diese Erkenntnis für mich eine echte Erleichterung: Ähnlich wie bei der Unschuldsvermutung vor Gericht, muss ich mich über das Verhalten meines Gegenübers nicht sofort ärgern, da es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht bewusst gesteuert wurde.
Aber unser Handeln wird nicht nur durch die Gedanken beeinflusst, sondern auch von unseren Gefühlen, die wiederum durch unsere Gedanken beeinflusst werden.
Wer jetzt denkt: “Was für ein Teufelskreis“, den kann ich beruhigen. Unsere Gedanken und damit auch unsere Gefühle lassen sich positiv beeinflussen. Dazu braucht es etwas Mut, sich seinen Gedanken und Gefühlen zu stellen und Geduld beim Training.
Achtsamkeit bedeutet, den Moment zu achten ohne ihn zu bewerten. Das Entscheidende ist dabei nicht zu bewerten, obwohl wir dazu neigen, alles und permanent zu bewerten.
Statt dessen die Bewertung sein lassen und sich auf das zu konzentrieren, was gerade außerhalb der Gedanken ist. Eine einfache Übung dazu ist, sich auf den Atem zu konzentrieren und dadurch Distanz zu den Gedanken zu schaffen.
Wie kann uns Achtsamkeit nun zu einem positiven Erleben im Job helfen?
Du kennst es bestimmt auch: Die Bürotür geht auf und Kollege:in XYZ kommt herein. „Der/die schon wieder…“ schießt es mir durch den Kopf. Und ab jetzt läuft alles weitere wie automatisiert ab. Denn innerhalb des Bruchteils einer Sekunde bilden wir uns ein Urteil zu allem, was wir sehen und hören. Und genau dieses Urteil beeinflusst völlig automatisch unser weiteres Handeln. Egal ob positiv oder negativ.
Hast du dich eigentlich auch schon mal darüber „geärgert“, völlig voreilig geurteilt zu haben? Ich habe mich dabei schon mehrfach ertappt…
Und genau in diesen Momenten kann uns Achtsamkeit helfen. Durchatmen und einfach nur beobachten, was gerade passiert. Was nimmst du wahr? Verändert sich dein Puls oder verspürst du andere körperliche Veränderungen, wie Verspannungen oder verändertes Wärmeempfinden? Welche Gedanken schießen dir gerade durch den Kopf?
Prof. Dr. Alexander Hunziker von der Fachhochschule Bern forscht mit seinem Team am Thema „Kollektive Achtsamkeit – Welche Auswirkungen gibt es, wenn mehrere Personen gleichzeitig achtsam sind?“ Er fand dabei heraus, dass schon 4-Minuten Achtsamkeit zum Meeting-Beginn einen Einfluss darauf hat, wie das Meeting verläuft. Bereits nach 4 Wochen ist die psychologische Sicherheit bei den Meetingteilnehmer:innen signifikant gestiegen. Und Psychologische Sicherheit hat einen erheblichen Einfluss auf die Leistung im Team!
Psychologische Sicherheit wurde sehr lang von Amy Edmondson erforscht und wird als eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der alle Teammitglieder sich offen äußern können, ohne beschämt zu werden, abgewiesen zu werden, oder sonst wie negativ sanktioniert zu werden, definiert. Näheres zur psychologischen Sicherheit erfährst du in einem späteren Beitrag.
Ein anderes Szenario, welches sich häufig im Job-Alltag beobachten lässt:
Ein schwieriges Gespräch steht an oder Du hetzt von Termin zu Termin, weil sich ein Meeting an das nächste reiht? Gerade bei sehr wichtigen Themen oder Entscheidungen ergibt dann schnell mal ein “falsches” Wort das nächste und plötzlich bist du in einer emotional geladenen Diskussion, die du so nicht gewollt hättest.
Bevor du aufgeladen oder gestresst in das Meeting/Gespräch gehst, versuche Folgendes:
- Geh in eine stille Minute zu Meeting-Beginn (3x Durchatmen, Körper entspannen)
- Notiere deine Gedanken (auch im Meeting) als Stichpunkte: Wenn „wilde“ Gedanken aufkommen, schreibe sie auf und lege sie dadurch ab. So geraten sie nicht in Vergessenheit und du kannst sie später wieder aufnehmen.
- Beobachte deine Emotionen: Ausbrechende Gefühle haben schon so manches Meeting sabotiert. Umso wichtiger ist es, Gefühle wahrzunehmen und sie zu verstehen. Welches Gefühl nimmst du wahr? Was löst es in dir aus und was ist der Auslöser dieser Gefühle? Nutze diese Fragen zur Reflektion und zum Verstehen.
- Fördere positive Emotionen im Meeting Check-In:
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- Wofür bist du diese Woche/heute dankbar?
- Was hat dich zuletzt so inspiriert/begeistert, dass du anderen davon erzählt hast?
- Was hat im Projekt besonders gut funktioniert?
- Wem aus dem Team möchtest du heute danken?
Ich freue mich, wenn dir mein Impuls hilft, Spannungen abzubauen und freue mich über Anregungen und Ergänzungen.